Der Weg eines verwöhnten Jungen

«Es war 2009 während dem Entzug im Beth Shalom, als mir mein ganzes Leben durch den Kopf ging. Primär war ich sehr verärgert über meiner Eltern, die damals bereits nicht mehr lebten. Sie hatten mich derart verwöhnt, dass ich mit über 40 Jahren das Leben noch nicht begriffen hatte.»

Alfonso erzählt: «Wir waren eine typische italienische Gastarbeiterfamilie. Ich war der Stolz meiner Eltern, die mich sehr verwöhnten und mir jede Verantwortung abnahmen. Ich bekam alles, was ich wollte. Man kaufte mir mehrere Gitarren, bezahlte mir die Autoprüfung und sogar mein erstes Auto. Zwar taten sie das alles aus Liebe, doch sie machten mir das Leben zu leicht. Ich musste nichts erkämpfen und genoss viele Freiheiten. Wegen meiner Faulheit schaffte ich es nur in die Abschlussklasse. Ich war nicht fähig, eine Lehrstelle zu suchen. Im letzten Schuljahr war es dann zu spät, um mir etwas Mühe zu geben. Ich wurde ein Rebell und hatte mit dem Vater täglich Streit.»

Man nahm ihm sein Liebstes

Trotzdem fand Alfonso eine Lehrestelle als Sanitärinstallateur. Mit 19 lernte er eine hübsche Italienerin kennen. Doch es galten strikte Regeln – ein italienisches Mädchen wird behütet! „Die Eltern brachten uns mit ihrer Enge auseinander. Wohl aus Frust begann ich zu kiffen, was mir ein gutes Gefühl gab. Von Drogen wusste ich nichts. Deshalb läuteten bei mir auch keine Alarmglocken, als mir ein Kollege Heroin zum Sniffen gab. Er sagte: «Probiere einmal!“ Dann wurde ich rasch süchtig.»
Bald wussten auch meine Eltern, dass ich süchtig war. Die ganze Familie litt. Ich hatte inzwischen auch beachtliche Schulden. Um über die Runden zu kommen, beklaute ich oft auch meine Eltern. Die Mutter wusste, dass ich mich aus ihrem Trinkgeldkässli bediente, trotzdem verbot man mir das Haus nicht.
Einmal lud mich ein Arbeitskollege auf einen Drink ein und sagte: «Zeig mal deine Arme». Als er seine Vermutung bestätigt sah, vermittelte er mir einen Entzug. Doch das hielt nicht lange. Voll verladen fuhr ich mit meinem Auto eine Velofahrerin an und beging daraufhin Fahrerflucht. Kurz darauf wurde ich auf der Autobahn verhaftet. Natürlich wurde mir der Führerausweis entzogen und mein geliebtes Auto konfisziert. Es folgten fünf Tage U-Haft und ich kassierte zwei Jahre bedingt. Übrigens war dies das einzige Mal, dass ich ins Gefängnis kam. Ich habe keine grossen kriminellen Sachen gemacht, dafür kam einfach meine Familie dran.» An seiner ganzen Misere waren alle, nur nicht er selber schuld. Er liess sich einige tausend Franken aus seiner Lebensversicherung auszahlen und konsumierte mehr Drogen denn je. Sein Leben war ein reines Chaos. Es wurde so schlimm, dass sich Alfonso sagte: «Jetzt muss was passieren.»

Brigitte, die Frau fürs Leben

In Italien machte er 1999 im Mondo X bei Franziskanern einen kalten Entzug mit anschliessender Therapie. Das Programm war hart, doch er zog es durch. Nach einem Jahr kam er zurück in die Schweiz, wo es ihm längere Zeit gut ging. Bald hatte er eine neue Freundin: Brigitte. Mit ihr ist er noch heute zusammen. Doch sie musste in den folgenden Jahren viel durchmachen, denn Alfonso rutschte schon bald wieder in die Drogensucht. Brigitte und seine Eltern finanzierten sein Leben.
«2007 starb mein Vater, ein Jahr später auch die Mutter. Deshalb wurde ich depressiv, denn zwei meiner Unterstützer waren weg.»
Eine Gassenarbeiterin brachte ihn schliesslich ins Beth Shalom, wo er einen ernsthaften Entzug machte. «Ich war viel am Heulen, meine ganze Geschichte kam hoch und ich war wütend auf meine Eltern. Mit über 40 musste ich das Leben noch lernen, weil ich so verwöhnt war. Ich habe das christliche Programm gerne mitgemacht, es war mir nicht fremd, denn wir waren daheim ja gläubige Katholiken.»
Nach dem Entzug kam Alfonso ins «Meilestei». «Ich machte das auch für Brigitte, die es verdiente, dass ich mich endlich zum Guten veränderte. Ich bekam schon in der Therapie grosse Freiheiten, weil ich heim zu Brigitte ging. Nach zehn Monaten Therapie habe ich es gepackt: Neue Arbeit bei einem Christen in Oetwil am See, Schuldensanierung und dank dem Erbe der Mutter konnte ich die Fahrprüfung nochmals machen und mir ein eigenes Auto kaufen! Und das nach 20 Jahren ohne Führerschein!»

Brigitte ist noch immer mit Alfonso zusammen. Sie sagt strahlend: «Jetzt haben wir ein gutes Leben. Es ist ein Wunder, dass es so ist, wie es heute ist.»